Willkommen in der Planckwelt
2. Interview in Göttingen
IZ:
Willkommen in Göttingen, in der Stadt , in der in den 20-iger Jahren die Quantenmechanik
maßgeblich entwickelt wurde. Am 10.12.2012 erhielten die Quantenphysiker Wineland
und
Haroche
aus den Händen des schwedischen Königs den Physik-Nobelpreis 2012 .
Sie wurden ausgezeichnet für ihr Lebenswerk. Sie haben experimentelle Methoden
entwickelt,
die vor 90 Jahren
nicht vorstellbar waren. Es gelang
Ihnen, die Quantenzustände
einzelner
Atome und Photonen zu
kontrollieren. Ein weiteres Ereignis schrieb Geschichte. Das Higgs-Boson
wurde nach 30-jähriger aufwändiger Suche
am LHC endlich nachgewiesen.
Auch das war hohe
experimentelle Kunst. Bei unserem letzten
Interview in Bonn sahen Sie einen
interessanten
Zusammenhang zwischen diesen Forschungsrichtungen.
Autor:
Das stimmt.
Wineland, Haroche und
auch der LHC arbeiten bei
Temperaturen nahe dem
absoluten Nullpunkt. Sie entkoppeln ihr Laborsystem
thermodynamisch von der Umgebung.
Dem Laborsystem wird thermische Energie entzogen. Die Zitterbewegung der
Atome wird
auf ein Minimum
reduziert. Beim LHC werden in der vakuierten Röhre
zwei Protonenströme
mit bis zu
4 TeV aufeinander geschossen. Ein Miniurknall entsteht. Die
enorme kinetische Energie
der
Protonen wird in thermische Energie verwandelt. Der Feuerball kühlt nicht
gleichmäßig ab.
Ein
Teilchenregen entsteht.
Die Teilchen zerfallen mit unterschiedlichen Zerfallszeiten bis zu
den stabilen Protonen, Elektronen,
Photonen und Neutrinos. Die
experimentell ermittelten
Massen der Quarks und der Leptonen gehören zu den großen Rätseln der heutigen
Physik.
Sind die Massenwerte
zufällig oder ist ein Muster erkennbar ?
IZ:
Sie haben ja in
den früheren Interviews ein Muster
der Massenwerte aufgezeigt.
Die Massen der
Elementarteilchen leiten sie von
der natürlichen Zahl e und von Quantenzahlen ab.
Die Eulersche
Zahl e, wie sie auch genannt
wird, ist eine
transzendente Zahl.
Was hat das
für Konsequenzen für den anfangs
genannten Zusammenhang
?
Autor:
Eine transzendente Zahl ist eine Dezimalzahl mit chaotischer
Zahlenfolge. In der
Zahlenfolge
gibt es keine
einzige Periode, die sich wiederholt . Die Zahl e ist nicht durch
ein Produkt oder
einen Quotienten von Primzahlen darstellbar .
Es ist also kein Wunder,
dass es bisher nicht
gelungen ist, das Massenspektrum der
Elementarteilchen zu entschlüsseln und ein
Muster zu erkennen, wenn man nicht auf die transzendente
Zahl e zurückgreift.
Das Massenspektrum der
Elementarteilchen, das am LHC beim Hochfahren auf 7 TeV
Kollisionsenergie wieder bestätigt wurde, steht bei einem Dualismus von
Chaos und
Ordnung auf der Seite des Chaos.
IZ:
Das ist ja
interessant.
Der anfangs ausgesprochene Zusammenhang ist dann wohl so zu verstehen,
dass die Versuchsergebnisse von Wineland und Haroche bei diesem Dualismus auf der Seite
der Ordnung stehen.
Autor:
Genau! Grundlage der Ordnung
sind harmonische Schwingungen und
Resonanzen.
Wineland hat es geschafft , den
Beryllium-Ionen in einer Kühlfalle ihre thermische Energie
zu entziehen. Mit Laserlicht hat er zwei Quantenzustände angeregt und die
Frequenz des Laserlichts
so verstellt,
dass die beiden Wellenfunktionen sich überlagern. Er konnte dann kontrolliert
den
Überlagerungszustand in Richtung des gewünschten Quantenzustands kollabieren lassen.
Es ist ihm auch mit Hilfe des Lasers
gelungen, Schwingungen zwischen den
beiden Quantenzuständen
auszulösen. Die Schwingungsfrequenzen sind
dabei hundertmal größer als bei der Cäsiumuhr,
die für die Zeitmessung in Braunschweig eingesetzt
wird. Mit solchen Uhren
können dann
GPS – Systeme mit einer Auflösung von 1 cm entwickelt
werden.
IZ :
Wineland ist es also gelungen, eine Uhr mit der kürzesten
Schwingungsdauer zu realisieren.
Allgemein messen wir Zeit auf zwei verschiedene Arten , einmal durch Schwingungen,
wie bei der Pendeluhr
und zum anderen durch Zerfallsreaktionen,
wie bei der Sanduhr oder
bei der
C14- Methode , bei der Zeiträume von Tausenden von Jahren gemessen werden
.
Am LHC werden die kürzesten Zerfallszeiten vermessen
. Das
top-Quark, das Higgs-Boson
und das Z-Boson
zerfallen in 10^-25 sec. Das
top-Quark hat nicht einmal Zeit zu hadronisieren.
Das Higgs-Boson
muss mühsam durch seine Zerfallsprodukte identifiziert werden.
Autor:
Es gibt zwei
Forschungsrichtungen, die Zeit zu
messen , einmal durch die Schwingungsdauer
und zum anderen durch die Zerfallszeit. Die Zeit hat zwei Dimensionen. Sie ist im
mathematischen Sinne
komplex. Sie besteht aus einer reellen reversiblen Komponente und
einer imaginären irreversiblen Komponente.
IZ:
Ab Februar 2013
werden vom Nobelpreis-Komitee
Kandidaten-Vorschläge für den
Physik-Nobelpreis 2013
entgegengenommen. Wird
2013 Mr. Higgs zum Zuge kommen ?
Wird die
hervorragende experimentelle Arbeit am CERN unter deutscher Führung
gewürdigt werden ?
Autor:
Das ist eine schwierige Frage. Zwar wurde am LHC ein Skalarboson am Atlas-Detektor
bei 126.3 GeV mit der statistischen Sicherheit
von 6 σ nachgewiesen, aber man hält sich
immer noch
bedeckt, ob es das Skalarboson des Standardmodells überhaupt ist. Es soll in
den nächsten Monaten am
LHC genau vermessen werden. Warum das Elektron die Masse
von
0.511 MeV hat, kann mit dem Higgs-Boson dann immer noch nicht erklärt werden. Das ist
aber eine entscheidende
Frage, denn die Elektronmasse, auch
wenn sie noch so klein ist ,
bestimmt den Aufbau der
Materie. Schon bei kleinen
Abweichungen von diesem Wert,
sähe unsere Welt anders aus. Higgs konnte mit einem mathematischen Trick die Masse in die
Lagrange-Gleichung einführen ohne die Eichsymmetrie zu verletzen .
Damit konnte die
Masse der beiden W-Bosonen und die Masse des Z-Bosons berechnet und dann im Experiment
nachgewiesen
werden. Die top-Quarkmasse kann der
Higgs-Mechanismus nicht voraussagen,
auch nicht die Masse der anderen Quarks , und auch nicht die Masse der geladenen Leptonen.
Das macht die Frage so schwierig. Eine eindeutige Antwort auf
die Frage nach dem Ursprung der Masse
gibt Higgs
nicht.
IZ:
Seit über 100 Jahren wird der Ursprung der Masse des
Elektrons in der Physik heiß
diskutiert.
Im Gespräch ist immer noch die elektromagnetische Masse des
Elektrons. Sie sprechen
hingegen
von der thermodynamischen Ruhemasse des Elektrons. Ich bin gespannt, welches Konzept
sich durchsetzt . Wo sehen Sie den
prinzipiellen Unterschied zwischen der elektromagnetischen Masse
und der thermodynamischen Masse ? Warum bringt uns das Konzept der elektromagnetischen
Masse
seit über 100 Jahren nicht weiter?
Autor:
Die
elektromagnetische Masse resultiert aus der Selbstenergie des punktförmigen
Elektrons im
elektromagnetischen Feld.
In der Quantenelektrodynamik QED,
die von verschiedenen Theoretikern,
u.a. auch Feynman , in den 40-iger Jahren entwickelt
wurde, führte das
punktförmige Elektron
in Raum und Zeit zu schwierigen Komplikationen , die durch die Renormierung aus der Welt geschafft
wurden. Bei der Renormierung werden die positiven Unendlichkeiten durch negative Unendlichkeiten
so kompensiert, dass als Differenz die experimentell
ermittelte Elektronmasse übrigbleibt.
Die Tatsache, dass einige quantenmechanische
Eigenschaften des Elektrons auf diese Weise mit
höchster Präzision berechnet
werden können , führt dazu, dass die Renormierung bis heute als
theoretisches Mittel anerkannt
ist , auch mangels anderer Alternativen.
Bei der thermodynamischen
Masse des Elektrons
, gibt es keine Probleme mit
den Unendlichkeiten . Die
Temperatur kann nicht 0
werden.
Das verbietet der 3. Hauptsatz der Thermodynamik
. Die Entropie kann nicht
0 werden.
Das verhindert das
Entropiequantum k . Absolute
Reversibilität mit dS = 0 und vollständige
Zeitumkehr gibt es
nicht. Daher kehrt ein Lichtstrahl
auch nicht zur Quelle zurück.
IZ:
Können
Sie uns anhand eines alltäglichen Beispiels den thermodynamischen
Ursprung
der Masse aufzeigen ?
Autor:
Betrachten Sie
Wasserdampf bei über 100 °C in
einem Glaskolben. Wasserdampf
ist schwerelos.
Die Gasmoleküle stoßen aufgrund ihrer hohen kinetischen
Energie heftig und chaotisch in alle
Richtungen gegeneinander .
Sinkt die Temperatur bis an den
Siedepunkt, kondensiert der
Dampf.
Kondensationsentropie wird frei und an die Umgebung abgegeben. Wassertropfen bilden sich
und vereinigen sich und rinnen an der Glaswand der
Gravitation folgend nach unten.
An der Phasengrenze entsteht Masse. Das Wasser erhält Gewicht. Entropie wird bei
der
Phasengrenztemperatur an die Umgebung abgegeben, und es entsteht äquivalent
Masse.
Wenn wir das Beispiel auf die auf die Elementarteilchen übertragen,
erhalten dann die
Elementarteilchen
beliebig und kontinuierlich an der Phasengrenze Masse
, wie es das
Standardmodell voraussagt ? Nein ! Die Masse entsteht in Quanten.
IZ:
Welche Rolle spielt dann bei den Elementarteilchen das Higgsboson
?
Autor:
Nach der herrschenden Meinung verleiht das Higgs-Boson den Elementarteilchen ihre Masse,
indem es an die Teilchen ankoppelt . Je
stärker die Kopplung, desto größer
ist die Masse.
Die
Kopplungsfaktoren werden Yukawa-
Koeffizienten genannt. Sie müssen
noch ermittelt
werden. Jetzt
wissen wir immer noch nicht , warum die Teilchen die
Masse haben, die durch
das
Experiment ermittelt werden. Wie
das Higgsboson dem wesentlich schwereren
Top-Quark
seine Masse verleihen soll,
kann auch nicht erklärt
werden. Das Higgsboson muss eine andere
Funktion
haben. Das Higgsboson sorgt für die notwendige Irreversibilität, damit
Masse
und Materie entstehen.
Die CP-Symmetriebrechung bei der starken Wechselwirkung
,
die in den Experimenten nachgewiesen wird, reicht hierfür nicht aus.
IZ:
Das heißt ja,
dass es in der herrschenden Lehre
noch keine Theorie gibt, mit
der die
experimentell ermittelten Quarkmassen und Leptonenmassen
berechnet werden können.
Um so mehr beeindruckt mich Ihre Higgsformel
nach der Sie mit einer einfachen Formel
die Masse des Top-Quarks und
des Higgsbosons herleiten. Die Masse des Z-Bosons
wurde ja vor 30 Jahren mit der elektroschwachen
Theorie berechnet. Dafür gab
es den
Nobelpreis.
Sie koppeln an den Vakuumerwartungswert, und die
Yukawa-Koeffizienten
erhalten Sie über eine einfache e-Funktion e^(-n/3) . Das erinnert mich an
den
radioaktiven Zerfall. So wie schwere Atome in
Zerfallsreihen mit unterschiedlichen
Zerfallszeiten zerfallen, so zerfällt der Vakuumerwartungswert
über die Quarks, Leptonen
und Bosonen in Zerfallsreihen mit unterschiedlichen
Zerfallszeiten, bis auf dem niedrigsten
Energieniveau das Wasserstoffatom
entsteht. Die Familien der
Quarks und Leptonen
bekommen jetzt aus dieser
Sichtweise neuen Sinn. Die
Quarkmassen und Leptonen werden
von der dimensionslosen
mathematischen Naturkonstanten e
mit Quantenzahlen abgeleitet
und sind Energieniveaus in Zerfallsreihen. Sie lassen sich nicht beeindrucken von
Mr. Miller
und seiner
preisgekrönten Darstellung des Higgsphänomens, sondern Sie gehen Ihren
eigenen Weg. Sie sind mit Ihrer Seite „Interview in
Wien „ bei Google gut positioniert
.
Die Seite wird
offensichtlich oft gelesen . Dort haben Sie das
Massenspektrum der Elementarteilchen mit 2 einfachen und brillanten
Formeln dargestellt,
wie
ich das noch nirgends gesehen habe . Aber wo liegen die Akzeptanzprobleme ?
Autor:
Ich sehe keine
Akzeptanzprobleme. Richtig
ist, dass zufällig erscheinende,
experimentell ermittelte
Massenwerte durch einfache Formeln auf der Basis einer Naturkonstante
hergeleitet werden
können.
Die Natur ist offenbar einfach angelegt. Diese einfachen Gesetze und
Zusammenhänge
sind zu entdecken.
Sie wirken wie ein seltsamer Attraktor, dem man
sich auf Dauer nicht
entziehen kann.
Denken wir doch nur an
E=mc² oder λ=h/p oder E= h ν oder E= k T.
Entdecken ist offenbar der
richtige Ausdruck. Sie waren zu
ihrer Zeit Nadeln im Heuhaufen.
Diese einfachen Formeln haben im Rückblick neue Horizonte
erschlossen. Nach 20 Jahren
hat
sich die Formel E= h ν erst durchgesetzt. Lassen wir doch im
Wissenschaftsbetrieb die Strukturen
so wie sie sind.
IZ:
Treffen wir uns doch beim
nächsten Interview in
Dresden . Dort fand
Anfang März 2013 die
Jahrestagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft statt. Wichtiges Thema war der
Ursprung der Masse.
Copyright © 1997 – 2013 Friedrich Moeller