Willkommen in der Planckwelt
7. Interview in München
Die Weltformel auf dem T-Shirt
IZ:
Mathematik und Physik sind die Grundlagen unserer wissenschaftlich- technischen
Weltanschauung. Die Umsetzung der
gewonnenen Prinzipien und Erkenntnisse in Produkte durch innovative Unternehmer
haben uns in den vergangenen 150 Jahren
bis heute wirtschaftlichen Fortschritt
und Wohlstand gebracht. Generationen von
begeisterten Physikern haben ein Gedankengebäude errichtet, das geprägt ist von mathematischen Formeln,
die an die nächsten Generationen weitergegeben werden. Formeln wie E=mc², E= hν und S= k lnW haben im wissenschaftlichen Ringen
Widersprüche überwunden und immer wieder neue Wissensfelder erschlossen. Hat
das ständige Suchen irgendwann ein Ende ? Gibt es am Ende die Weltformel, die alles erklärt ? Wie
stellen Sie sich auf der höchsten Stufe
der Abstraktion die Weltformel vor ?
Autor:
Die Weltformel wird keine Antwort geben auf die Fragen des Alltags. Dazu ist der Alltag mit seinen sozialen und
politischen Fragen und Problemen viel zu komplex. Die Weltformel soll die
fundamentalen Naturkonstanten in einer einfachen Formel miteinander verknüpfen. Auf den Naturkonstanten ruht das Gebäude der
Physik. Naturkonstanten sind von einem
Einheitensystem abhängig. In jedem
Einheitensystem hat die Naturkonstante einen anderen Wert. Es gibt Ausnahmen. So ist die Kopplungskonstante der
elektromagnetischen Wechselwirkung
α dimensionslos und
unabhängig von einem Einheitensystem. Das macht α so mysteriös. Die Konstante α zeigt uns
, wie mit Naturkonstanten
unterschiedliche Forschungsfelder der Physik vereinigt werden. Die elektromagnetische Kopplungskonstante
setzt sich zusammen aus der elektromagnetischen Ladung e, der Lichtgeschwindigkeit c und dem
Planckschen Wirkungsquantum h nach der
Formel 1/137 = e² / h c.
Sie verbindet die elektromagnetische Wechselwirkung mit der speziellen
Relativitätstheorie und der Quantentheorie.
In der u.a. von Feynman entwickelten Quantenelektrodynamik QED ist die
Kopplungskonstante α=1/137 der
Wert, der die Wechselwirkung zwischen
Elektron und Photon und somit zwischen Licht und Materie bestimmt.
Feynman hat sich zeitlebens mit
der Frage beschäftigt , warum α gerade diesen
Wert hat. Steht dahinter eine
Naturkonstante, die ein Forschungsfeld der Physik initiiert ?
IZ:
Können Sie uns Beispiele zeigen, bei
denen neue Naturkonstanten neue
Forschungsfelder initiiert haben ?
Autor:
Ein Beispiel ist die Lichtgeschwindigkeit c.
Das große Verdienst von Einstein
ist, die Lichtgeschwindigkeit c als Naturkonstante definiert zu haben. Die Lichtgeschwindigkeit c ist die maximal
mögliche Geschwindigkeit. Die Lorenztransformation
war damals schon bekannt, aber Einstein
war der Erste ,
der aus der Konstanz der
Lichtgeschwindigkeit c die Konsequenzen zog und die Abhängigkeit der Zeit- und
Raumintervalle von der Geschwindigkeit postulierte. Bewegte Maßstäbe sind kürzer und bewegte
Uhren gehen langsamer . Raum und Zeit sind seit
Einstein nicht mehr absolut. Einstein
erkannte auch die Bedeutung des Wirkungsquantums h und formulierte für das Photon die Formel E= h ν . Für Max Planck war die Größe h noch eine
Rechengröße, mit der er das gemessene
Strahlungsspektrum des Schwarzen Körpers mit seiner Strahlungsformel in Deckung
bringen konnte. Erst das Wirkungsquantum
h konnte die Stabilität und den Aufbau des Wasserstoffatoms erklären. Es
erklärte den Grund, warum das Elektron des Wasserstoffatoms nicht in den Kern
stürzte.
IZ:
In unserem 5. Interview in München sind Sie der Zahl 137 nachgegangen und zeigen einen
Zusammenhang mit dem Goldenen Winkel und
dem Goldenen Schnitt .
Der Goldene Schnitt ist seit Jahrhunderten in der Kunst und Architektur
als Stilmittel bekannt , hat aber in die Physik bisher keine wichtige
Rolle gespielt. Welche Bedeutung messen
sie dem Goldenen Schnitt Ф in der Physik zu ?
Autor:
Auffallend ist der Wert des Goldenen Winkels
mit 137.5°, der sich zu 360° verhält
wie Ф² zu 2π.
Der Goldene Schnitt Ф ist eine irrationale Zahl. Wenn wir Ф
als Dezimalzahl darstellen, dann haben
wir hinter dem Komma eine unendlich lange chaotische Ziffernfolge ohne jegliche
Periodizität. . Als Kettenbruch
Ф = 1+1/1+1/1+1/1+1/ ……
strebt Ф dem Grenzwert 1.681…
zu. Der stabile Grenzwert und die
chaotischen Zahlenfolge macht die
Naturkonstante Ф für die Physik so interessant. In der Quantenelektrodynamik QED wird die Wechselwirkung zwischen Elektron und
Photon berechnet. So steht im Wasserstoffatom das Elektron im Absorptions- und
Emissionsgleichgewicht mit den
Photonen. Für die Stabilität des
Wasserstoffatoms ist wichtig, dass dabei
keine Resonanzen entstehen. Bei der
elektromagnetischen Kopplungskonstante
1/137 , die vom Goldenen Schnitt und π
abgeleitet werden kann, treten hingegen keine Resonanzen auf. Das zeichnet die Primzahl 137 gegenüber den
Primzahlen 127, 131, 139, 149 aus. Der
Kehrwert ф = 1/Ф =
0.681… hat die gleiche Zahlenfolge mit einer 0 vor dem Komma . Das ist ungewöhnlich. Ein bekanntes Beispiel für den Goldenen
Winkel ist die Sonnenblume. Ihre Blüten
sind versetzt um den Goldenen Winkel.
Die Blüten überdecken sich möglichst wenig und erhalten damit die optimale
Sonneneinstrahlung. Eine Abweichung von
mehr als 1° wäre für die Sonnenblume eine Katastrophe. Woher weiß die Sonnenblume, dass sie ihre Blüten nach dem Goldenen Winkel
versetzen muss ?
IZ:
Auf der Suche nach den fundamentalen Naturkonstanten, die wir in der Weltformel
miteinander verknüpfen wollen, kommen
wir neben der Zahl 137 an der Eulerschen Zahl e nicht
vorbei. Hier haben Sie einen
interessanten Zusammenhang entdeckt.
Autor:
Die natürliche Zahl e , wie sie auch genannt wird, ist
die Grundlage für das Massenspektrum der
Elementarteilchen. Im Standardmodell der Elementarteilchen, das mit dem Higgs-Boson seit 2013 komplett ist, erscheinen die Massen
der Elementarteilchen zufällig , ohne das ein Muster
erkannt wird. Auf Grund des Higgsmechanismus koppeln die 15 massiven Elementarteilchen an das Higgsfeld und erhalten dadurch ihre unterschiedlichen
Massen. Beim Photon und bei den 8 Gluonen
haben die Kopplungskonstanten den Wert
0. Sie weisen eine verborgene
Skalensymmetrie nach und führen die 15 dimensionslosen
Yukawa-Kopplungskonstanten mit einfachen
Gleichungen auf die Zahl e zurück.
Dabei entsteht ein Muster mit
Quantenzahlen von 0 bis 5. Die Materie
ist somit auf der untersten Ebene quantisiert. Nach diesem Muster kann die
Masse des Higgs-Bosons mit der Higgsformel H= v e^-2/3
= 126.3 [GeV]
berechnet werden.
Dieser Wert wurde 2013 am ATLAS-Detektor gemessen. Inzwischen haben sich die Physiker am CERN
nach vielen Versuchsreihen auf den Wert
des CMS-Detektors mit 125 .3 [GeV] geeinigt. Die Abweichung ist < 1% . Da in der Theorie
des Higgsmechanismus alle Parameter des Higgsbosons, außer der Masse, berechnet werden können, mussten die
Massenbereiche Zug um Zug durch aufwändige Versuchsreihen an den Beschleunigern
eingeschränkt werden. Die Higgsformel zeigt , warum das Higgs-Boson gerade diesen Wert hat.
IZ:
Das Standardmodell der Elementarteilchen ist für viele nicht das Maß aller
Dinge. 18 freie Parameter müssen durch
das Experiment bestimmt werden. Hierzu
gehören die 12 Massen der Elementarteilchen und die Kopplungskonstanten. Werden
die aus den Experimenten aufwändig ermittelten Werte in die Gleichungen
eingesetzt, dann funktioniert es
hervorragend. Alle Anstrengungen am LHC laufen gegenwärtig darauf hinaus, Abweichungen jenseits des Standardmodells zu
finden. Bisher wurden noch keinerlei Anzeichen für das erste supersymmetrische
Teilchen gefunden. Können die 18 freien
Parameter miteinander verknüpft werden ? Sind die irrationalen transzendenten
Zahlen e, π, Ф das Fundament, auf dem das Standardmodell der
Elementarteilchen ruht ?
Autor:
Im logarithmischen Maßstab haben die Quarks und Leptonen
über die 3 Familien hinweg gleiche Abstände . Sie sind skalensymmetrisch. Die Länge der Abstände ist abhängig von den elektrischen
Ladungen, vom Spin und von der Zahl e. Im 4. Interview in München zeigen wir ein
Diagramm, bei dem die 15 Yukawa-Kopplungskonstanten und der
Vakuumerwartungswert durch Drehen und
Verschieben ineinander überführt werden können.
IZ:
Fassen wir die Gedankengänge in wenigen Sätzen zusammen.
Autor:
Die Feinstrukturkonstante 1/137 = e² / h
c wurde von Sommerfeld 1916 eingeführt
und verbindet mit ihren Konstanten die Theorie des Elektromagnetismus mit der
speziellen Relativitätstheorie und der Quantentheorie. Viele namhafte Physiker der letzten 100
Jahre vermuteten hinter der mysteriösen Zahl 137 eine Naturkonstante mit
naturphilosophischer Bedeutung. Diese
Naturkonstante ist der Goldene Schnitt Ф. Vom Goldenen Schnitt kann der Goldene Winkel
abgeleitet werden mit 137.5° = 360° / Ф² . Wir
können das auch anders darstellen : arc 137.5 = 2π / Ф² . Der Goldene Schnitt Ф =1.618… ist
eine irrationale Zahl und wird durch den Kettenbruch mit 1 dargestellt. Ф steht für Chaos und Ordnung
zugleich. Ф hat eine chaotische
Zahlenfolge, die zu einem stabilen Grenzwert führt. Im Atommodell von Bohr 1913, das erstmals
die Spektrallinien des Wasserstoffs erklärte,
umkreist das Elektron den Atomkern mit der Bahngeschwindigkeit c/137
ohne Resonanzen. Diese
Geschwindigkeit des im klassischen Sinn umlaufenden Elektrons gewährleitet die
Stabilität des Wasserstoffatoms. In der
Weiterentwicklung zur QED von Feynman wechselwirkt das Elektron mit den Photonen mit der
Wahrscheinlichkeit von 1/137.
IZ:
Kommen wir zum Schluss zur Weltformel !
Besser gesagt zur Weltformel, wie
wir sie uns auf dem T-Shirt vorstellen, kurz und prägnant .
Was muss die Weltformel erklären können ?
Autor:
Die Weltformel muss die Massen der 15 massiven Elementarteilchen von einer
Naturkonstante ableiten können. Der Wert
1/137 der elektromagnetischen Kopplungskonstante muss ebenfalls von einer
Naturkonstante abgeleitet werden können.
Die Masse-Quanten müssen durch Quantenzahlen nachgewiesen werden, ohne
dass es der Supersymmetrie und der Superstringtheorie
bedarf. Die Weltformel verknüpft die
irrationalen transzendenten Zahlen in einer Formel miteinander
: e^iπ + Ф = ф ,
wobei ф der Kehrwert von
Ф ist. Die Formel
e^iπ = -1
wird zwar schon lange als die Weltformel auf einem T-Shirt favorisiert,
aber der entscheidende nächste Schritt
ist die Weiterentwicklung, bei
der die ganze Zahl 1 durch den Goldenen
Schnitt und seinen Kehrwert substituiert wird.
Wir erhalten eine Formel mit irrationalen, dimensionslosen
Naturkonstanten, unabhängig von einem
Einheitensystem. Die Zahl e steht für
die Massen der Elementarteilchen, die Zahl i
für die Quantenmechanik, die Zahl π für die Krümmung der Raumzeit in der Allgemeinen Relativitätstheorie, die Zahl Ф für die Chaosphysik
.
IZ:
Die imaginäre Zahl i steht für die
Quantenmechanik. Können Sie das noch erläutern ?
Autor:
Die ersten Berechnungen der Quantenmechanik gehen auf Heisenberg zurück. Bekannt ist die Geschichte, als Heisenberg seinen Heuschnupfen auf der
Insel Helgoland auskurierte und dort die Prinzipien der Quantenmechanik
erkannte. Erst die Anwendung der
komplexen Zahlen mit ihren imaginären
Anteilen auf die Spektrallinien beim Wasserstoffatom führte zu einem schlüssigen
Rechenmodell. Damit konnte Heisenberg
den Aufbau des Wasserstoffatoms mit Hilfe der imaginären Zahlen erklären. Erst durch die komplexen Zahlen konnten die
Halbleitereffekte beim Si und die
Effekte beim Laser verstanden werden. 10
% des Bruttosozialprodukts werden inzwischen durch Produkte der
Quantenmechanik erwirtschaftet.
IZ:
Kommen wir noch zur Zahl π . Welche Bedeutung hat die Zahl π in der
Allgemeinen Relativitätstheorie ?
Autor:
Die Zahl π ist eine wichtige Konstante in der Einsteinschen
Feldgleichung Gμν
= 8π Tμν mit der Kernaussage : Die Energie krümmt die Raumzeit. Dabei ist
Gμν der Einstein-Tensor und Tμν der Energie-Impuls-Tensor
, der die Materie beschreibt.
IZ:
Im nächsten Interview beschäftigen wir uns mit einem interessanten Thema : Die
Wechselwirkung der Photonen mit den Elektronen der Biomoleküle bei der
Photosynthese. Was wir hinsichtlich der
Energieeffizienz von der Natur für unsere Technik lernen können, diskutieren wir im 6.Interview
in München
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