Willkommen in
der Planckwelt
Das Interview in Genf
IZ
:
Seit unserem letzten Interview in Potsdam
hat sich viel ereignet. Der LHC
hier in Genf wurde nach der Reparatur
wieder in Betrieb genommen und arbeitet
zur vollsten Zufriedenheit. Schon Ende
des Jahres 2011 soll der gesamte Energiebereich
abgedeckt sein . Aber bisher haben die vielen Physiker und Ingenieure
, die mit Enthusiasmus an diesem aufregenden Projekt arbeiten, keinerlei Anzeichen für neue Teilchen
gefunden. Es gibt weder Anzeichen für das Higgs-Boson,
noch experimentelle Hinweise auf erste
supersymmetrische Teilchen. Sind Sie enttäuscht ?
Autor
:
Keineswegs ! Der LHC ist das leistungsfähigste Mikroskop,
das der Mensch je gebaut hat, um in das
Innere der Materie einzudringen. Er ist
der größte Kühlschrank der Welt, der ein
Vakuum auf einem Umfang von 27 km über
Monate bei der Temperatur des flüssigen Heliums
aufrecht erhalten kann. Durch
die Supraleitung wird mit dem stärksten Magnetfeld , das der
Mensch je erzeugt hat, mit hoher Präzision der Strom der Protonen auf seiner
Bahn gehalten. Mit dem Grid wurden riesige Computerkapazitäten in einem Netz
zusammengeschaltet, um die anfallenden
Datenmengen zu verarbeiten. Von diesen
Erfahrungen werden andere Branchen in den nächsten Jahren profitieren. So wie die Welt vom Internet
profitiert, das
am CERN vor 30 Jahren für die interne
Kommunikation entwickelt wurde. Das Internet
hat die Welt verändert und gewährt auch
den Menschen in armen Ländern ein reiches Informationsangebot. Wenn es das Higgsteilchen nicht
gibt, dann ist das auch ein
Ergebnis. Dann müssen wir uns eben nach
einer neuen Theorie, die den Ursprung der Masse erklärt, umschauen.
IZ :
Es ist ja erstaunlich, dass der Mainstream der Wissenschaft nur diese Higgs-Theorie verfolgt.
Das ganze Wissenschaftsgebäude ist
darauf aufgebaut. Unzählige
Doktorarbeiten, Diplomarbeiten und Veröffentlichungen wurden und werden darüber
geschrieben. Viele Arbeitsplätze wurden
geschaffen und. Über 4 Milliarden €
wurden investiert , nur um das einzige noch fehlende
Teilchen des Standardmodells nachzuweisen. Was passiert eigentlich, wenn das Higgs-Boson
bis Ende 2012 ,
neueste CERN-News schreiben sogar bis Ende 2011,
nicht nachgewiesen wird. Steht
dann die Physik vor einem großen Loch ?
Autor:
Sie wird vor einem großen Loch
stehen, wenn sie jetzt andere Theorien
nicht zulässt . Ich kenne nur eine Universität, die auf ein
anderes Modell , nämlich auf das thermodynamische Modell setzt,
die Uni Münster.
IZ:
Sie sind ja auch vom thermodynamischen Modell
überzeugt. Wie hat alles angefangen ?
Autor:
Als junger Pennäler hat mich ein Relief
mit der Formel E=mc² im Treppenhaus unseres Gymnasiums enorm beeindruckt. Etwas Bedeutendes musste diese Formel
aussagen. Als Student ahnte ich 10
Jahre später , Energie und Masse sind nicht alles. Über E=mc²
muss es eine weitere
Abstraktionsebene geben.
IZ :
Wenn wir uns zurückbesinnen auf das Einsteinjahr 2005 , dann hat sich doch seit
Ihrer Ahnung wenig geändert. E=mc²
ist nachwievor die top-Formel , die Weltformel gewissermaßen. Welche Erkenntnisse haben Sie in Ihrer Ahnung bestärkt ?
Autor :
Es waren Bücher, die ich in der Universitätsbücherei gekauft
habe, dich mich weiter gebracht haben. Internet gab es damals noch nicht
, auch noch keine PCs. Die Bücher in den Bibliotheken waren nicht
auf neuesten didaktischen Stand. Ich habe damals sehr viel Geld für neu
erschienene Bücher ausgegeben. Das Buch,
das mich zum Nachdenken gebracht hat, war ein Buch über die Kybernetik
. Die Kernaussage war : Es
gibt 3 Kategorien in der Physik ,
nämlich Energie, Masse und
Information.
IZ:
Im Prinzip ist das trivial. Wir sind im Alltagsleben von Information
umgeben. Wir haben Information im Überfluss . Für 10
€ bekommt man heute schon eine
fingernagelgroße 4 GigaByte – chip
– Karte. 4 GB ,
das sind 1 Million Buchseiten, 4000 Taschenbücher für 10 €.
Autor :
Vor 40 Jahren habe ich noch einzelne
Programmzeilen auf Lochkarten geschrieben. So haben sich die Zeiten geändert.
Wo findet sich denn die Information in der heutigen Physik
? Das ist doch der springende Punkt !
IZ:
Wenn ich Sie richtig verstehe,
suchten Sie damals die 3
Kategorien der Kybernetik Masse, Energie
und Information durch eine Formel zu verknüpfen
und diese Formel, so sie gefunden wäre, wäre dann der heilige Gral der Physik.
Autor:
So einfach war das nicht. Es mussten die Brückensteine zwischen den 3
Kategorien gefunden werden. Mit E=m
c² kann ja Energie in Masse und Masse in
Energie verwandelt werden. Aber bei E=m
c² ist die Physik 1905 nicht stehen
geblieben. Masse und Energie sind mit
Raum und Zeit verknüpft . Höhepunkt dieser Entwicklung war die Formulierung der Unschärferelation durch Heisenberg 1927.
IZ:
Das heißt doch, dass die Wirkung als das Produkt von Energie und Zeit und von Masse , Geschwindigkeit und Ort
sich zu einer fundamentalen physikalischen Größe entwickelt hat mit der
Naturkonstant h , genauer h quer mit h
/ 2 .
Autor:
Das stimmt. Und das ist auch das
Dilemma der Physik. Deswegen stehen wir
auch vor dem großen Loch. Das Prinzip der minimalen Wirkung beherrscht
die gesamte Physik. Auch die Masse und
die Gravitation versucht man diesem
Prinzip zu unterwerfen. Denken wir nur
an das Graviton mit dem Spin 2 h quer.
IZ:
Nach Ihrer Meinung gibt es neben der Wirkung noch eine weitere fundamentale
Größe und die hängt mit der Information zusammen.
Autor :
Damals hat mir ein Buch über die Information den Zusammenhang zwischen Entropie
und Information aufgezeigt, und ich wusste damals auch schon eine Menge über
Entropie. Heute bezeichnet man
Entropie auch als Wärmeladung. Diesen Begriff kann man sich besser
vorstellen. Wenn wir 1 bit Information erzeugen wollen, verbrauchen wir 1 Quant Entropie , genauer gesagt
k ln2 . Information ist NegEntropie und ein
Maß für Unwahrscheinlichkeit. Die verbrauchte Energie ist vom Temperaturunterschied abhängig. E= k ln2
T . Information ist eine
thermodynamische Größe und hat mit Raum und Zeit , mit potentieller und kinetischer
Energie und damit auch mit der Wirkung nichts zu tun.
IZ :
Die Entropie , auch Wärmeladung genannt, ist
also die 2. fundamentale Größe der Physik . Kann man eine Gleichung aufstellen
, die damit Wirkung in Entropie
bzw. Information und umgekehrt
Information in Wirkung verwandelt ?
Autor :
Durch Zufall habe ich dann die
Formel in dem Taschenbuch „ Welle und
Teilchen „ von de Broglie gefunden : A/h = S/k
. Für mich war das der Schlussstein in der Brücke zwischen der Wirkung
und der Information, der heilige Gral der Physik. Aber ehrlich gesagt, hat das überhaupt niemanden interessiert. Offensichtlich war die Zeit hierfür noch nicht reif. Damals
setzte sich gerade die
Quarkhypothese durch.
IZ:
Ist die Zeit jetzt dafür reif ? Wir stehen vor einem entscheidenden Jahr in der Physik. Es geht um Sein oder Nichtsein des Higgs-Bosons . Bis Ende des Jahres
2012 wird diese Frage beantwortet. Ende
2011 ist die Frage noch unbeantwortet.
Das Higgs-Boson kann sein, es kann aber auch nicht sein. Kann das Higgs-Boson
nicht nachgewiesen werden, müssen wir
einen anderen Ursprung der Masse
finden. Jetzt können Sie doch
zeigen, was in der Formel steckt.
Autor:
Sie haben recht. 2012 kann das Jahr der
großen Chance werden. Das größte Rätsel
der Physik ist derzeit das Massenspektrum der Elementarteilchen. Wir haben im Lauf der letzten 40 Jahre in mühevoller experimenteller Arbeit
die Massen der Leptonen und Quarks
ermittelt. Kein Mensch sieht darin ein Muster . Die
Massenwerte erscheinen rein
zufällig. Warum ist die Masse des Tauons ,
der großen Schwester des Elektrons um soviel schwerer als die Masse des Elektrons , die mit hoher Präzision bestimmt wurde ? Sie fragen mich, was steckt in der Formel ? Sie sollen eine Kostprobe haben
. Nehmen Sie mein
Smartphone. Das Rechenprogramm habe ich schon aufgerufen. Bilden Sie das Massenverhältnis von Tauon und Elektron
1777 MeV
/ 0.511 MeV und nehmen Sie davon den natürlichen
Logarithmus. Sie erhalten
8.154 .
Wenn Sie diese Zahl durch die Quantenzahl 3 dividieren, dann erhalten Sie die natürliche Zahl e mit
2.718. Sie leiten das Massenverhältnis
von einer Naturkonstante ab. Das kann doch kein Zufall sein. Das zeigt doch,
dass sich hinter dem Massenspektrum der Elementarteilchen eine ganz
einfache Ordnung verbirgt. Wenn
Sie die Boltzmann- Formel nehmen S/k = ln W und die
Massenwerte als Wahrscheinlichkeitswerte
annehmen, dann verbirgt sich dahinter
ein neues Quantenprinzip. Die Entropie
tritt in Quanten auf , so wie die Wirkung.
Wenn wir das Massenspektrum der
Elementarteilchen verstehen, finden
wir auch einen anderen Ursprung der
Masse. Auf das Higgs-Boson
sind wir nicht mehr angewiesen.
IZ:
Es ist schon interessant, wie Sie mit
einem Smartphone einfache Zusammenhänge aufdecken. Haben Sie diese Massequanten auch bei den Quarks gefunden ?
Autor :
Sie können das selbst herausfinden !
Es ist besser, wenn Sie für die
Massenverhältnisse die Quarkmassen der 2. und 3.
Familie nehmen. Da die
Quarkmassen nur indirekt ermittelt werden können, sind die Werte der 1. Familie unscharf . Sie nehmen wieder den natürlich Logarithmus
der Massenverhältnisse auf Ihrem Smartphone und dividieren nicht durch e sondern durch e²/6 .
Sie erhalten dann ganze Zahlen,
die Quantenzahlen.
Lassen Sie sich überraschen !
IZ :
Sie zeigen also auf, dass auf der
untersten Ebene die Massen der Elementarteilchen Quanten sind. Die Massenwerte sind nicht
kontinuierlich, wie es die Massentheorie
von Newton und Einstein zulassen würde, sondern diskret. Im Prinzip wäre das ja die lang gesuchte
Quantengravitation. Gravitationseffekte werden aber auf der Ebene der Elementarteilchen, der Quarks und Leptonen
ausgeschlossen. Woran liegt das ?
Autor:
Gravitationseffekte gibt es erst beim Wasserstoffatom. Die elektromagnetische, die schwache und die starke Wechselwirkung sind dann exakt abgeschirmt
und auf das Wasserstoffatom wirkt
die Gravitationskraft. So können sich riesige Wasserstoffwolken zusammenballen und Sterne entstehen lassen.
IZ:
Es wäre interessant zu wissen, wie Sie
das Massenspektrum der Elementarteilchen philosophisch begründen. Der jetzigen Physik liegt
ja philosophisch die Unschärferelation von Heisenberg zu Grunde .
Autor:
Ich will nochmals auf die Unschärferelation von Heisenberg eingehen, die die moderne Physik auf den Punkt bringt. Sie heißt, genauer gesagt,
Unbestimmtheitsrelation. Wir können die
Bewegung von Teilchen nicht beliebig genau in Raum und Zeit bestimmen. Das liegt an der Endlichkeit der
Naturkonstanten h quer = h / 2 pi. Das ist auch der Grund , dass wir so
riesengroße Beschleuniger bauen müssen,
um die Abstände auf bis 10^-18
auflösen zu können. Wir lassen dazu
Protonen mit der maximal möglichen Energie und mit dem maximal möglichen
Impuls aufeinander prallen. Das ist die eine Seite der Medaille. Wir benötigen aber auch riesengroße
Detektoren und Computerkapazitäten
, um die Teilchen und ihre
Zerfallsprozesse voneinander unterscheiden zu können. Und das ist die andere Seite der
Medaille. Beide Seiten bedingen sich
gegeneinander. Wir müssen messen. Ein Meßprozeß ist irreversibel , d.h. in der Zeit nicht umkehrbar. Für den Meßprozess
benötigen wir einen Temperaturunterschied und es muss Entropie vom Meßobjekt
zum Detektor fließen. Und hierzu können
wir eine weitere Unschärferelation formulieren , die Ununterscheidbarkeitsrelation. Damit wir Teilchen unterscheiden können, müssen sie sich bei der Meßtemperatur
in der Entropie unterscheiden. Bei den Leptonen ist
der Entropieunterschied e k
und bei den Quarks e^2/6 k.
Das entspricht einer thermodynamischen Energie von
E= e k T bzw.
E= e^2 / k T . Die Leptonen müssen
sich beim Meßprozess in diesen thermodynamischen Energien unterscheiden . Wen
wir die im Raum konzentrierten thermodynamischen Energien als Masseenergien interpretieren, kommen wir zum Massenspektrum der
Elementarteilchen. Jedes Teilchen muss
eine eigene Ruhemasse haben, damit wir
es von einem anderen Teilchen unterscheiden können. Wenn wir die Naturkonstante h gegen 0
gehen lassen, kommen wir zur
klassischen Physik. Wenn wir die Naturkonstante e gegen 0 gehen lassen, dann kommen wir zum Standardmodell der
Elementarteilchen mit den Teilchenmassen
0.
IZ:
Es beeindruckt mich sehr, wie Sie auf
einfache Weise das Massenspektrum der Elementarteilchen ,
das ja derzeit als das größte Rätsel der
Physik angesehen wird, von einer
Naturkonstante e ableiten. Zur Zeit ist ja
brandaktuell der Nachweis des Higgs-Bosons mit dem
LHC. Nach den neuesten Ergebnissen vom Dezember 2011 liegen die experimentellen Massenwerte bei
den beiden Detektoren bei 124 GeV und bei 126 GeV. Das ist ja nahezu die Hälfte des Vakuumerwartungswerts von 246 GeV , der ja beim Higgsmechanismus eine große Rolle spielt. Überrascht Sie das ?
Autor :
Diese Werte sind ja noch nicht statistisch abgesichert. Erst wenn beide Detektoren diese Werte mit
der statistischen Sicherheit von 5 sigma
bestätigen können, wird die Existenz des Higgs-Bosons
anerkannt. Noch steht das auf der Kippe. Das Jahr 2012 wird die endgültige Entscheidung
bringen. Sein oder Nichtsein des Higgs-Bosons ist die
spannende Frage.
IZ:
Wenn es das Higgs-Boson nicht gibt
, dann sind schnelle Alternativen
gesucht, und solch eine Alternative wollen Sie ja mit dem thermodynamischen Modell
anbieten. Sie müssen dann aber die
Formelsprache der Thermodynamik
kompatibel machen mit der Formelsprache der Elementarteilchenphysik
.
Autor:
Sie haben recht. Sie können auch
sagen, wir müssen das Standardmodell der
Elementarteilchen kompatibel machen mit dem Standardmodell der
Kosmologie. Die wichtigste Größe ist
hier die absolute Temperatur wie in der Thermodynamik, und es geht um
unterschiedliche Phasen des Vakuums.
Ich glaube , dass sich alles zu einem einfachen Puzzle
fügt. Der komplizierte Formalismus der Elementarteilchenphysik kann auch den Blick
für einfache Zusammenhänge verstellen. Ich glaube, dass eine 5-dimensionale Physik
mit der reziproken Temperatur als 5. Dimension die heutige Physik revolutionieren wird , so wie Newton mit der
Einführung der 3.Dimension die Physik seiner Zeit vereinfachte, und so wie Einstein mit der Einführung der Zeit
als 4. Dimension die Physik des 20. Jahrhunderts vereinfachte.
IZ:
Die reziproke Temperatur als weitere Dimension ist ein charmanter Gedanke . Die
Temperatur stellt man sich nach
landläufiger Meinung als chaotische Vibrationen von Atomen vor, die damit Wärme erzeugen. Die Beobachtung der Temperaturzyklen der Natur in
den 4 Jahreszeiten kann man sich aber
auch als Anfang der Zeitrechnung
vorstellen. Unsere Ahnen bildeten mit
dem Sonnenstand den Jahreszyklus ab. Man
könnte also meinen, es gibt 2
Dimensionen der Zeit. Das ist einmal
die geordnete Zeit, die auf unserem Smartphone erscheint und die unseren
Tagesablauf bestimmt und die Zeit mit ihren chaotischen Schwingungen, die durch die reziproke Temperatur definiert
wird. Zeit besteht also aus einer
reellen und einer imaginären Komponente.
Wie kommen Sie eigentlich darauf,
dass die neue Zeitdimension reziprok sein muss ?
Ich schlage vor, dass wir auf diese Fragen in unserem nächsten Interview
eingehen. Sie haben in Genf auf
spannende Art und Weise Ihren roten Faden ,
den Sie 40 Jahre lang gesponnen haben, aufgezeigt, und Sie
haben mir wieder viele originelle Denkanstöße vor diesem entscheidenden Jahr 2012 gegeben. Sehen wir uns wieder beim Interview in
Münster ! und beim 2. Interview in Genf
Copyright © 1997-2011 Friedrich Moeller